Impuls zum 19. Februar 2023
Von Jost Eschenburg (Augsburg), pax christi Augsburg
Matthäus Kapitel 5, 38 – 45
Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin! Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel! Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm! Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab! Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.
Es herrscht Krieg in Europa
Deutschland und die EU beteiligen sich daran durch Wirtschaftsboykott gegen das angreifende Land und Waffenlieferungen für das angegriffene. Die Parteien der Regierung und die CDU/CSU, die Medien, die Kirchen und viele Menschen in Deutschland billigen diese Maßnahmen. Doch der Krieg wird dadurch nicht geringer, sondern er wächst und wird immer erbitterter geführt, und da wir Partei sind, greift diese Erbitterung auch auf unsere Herzen über.
Krieg hat zu tun mit dem, was „den Alten“ gesagt worden ist, genauer: was daraus „gehört“ wurde. Nirgendwo im Alten Testament werden Nächstenliebe und Feindeshass miteinander verbunden, doch „gehört“ wurde es so durch alle Jahrhunderte hindurch bis heute. Dagegen stehen Jesu Antithesen: „Ich aber sage euch“. „Ich aber sage euch, nicht Widerstand zu leisten dem Bösen“, heißt es wörtlich („μὴ ἀντιστῆναι τῷ πονηρῷ“). Äußerst erstaunlich: Muss ich nicht gerade dem Bösen Widerstand entgegensetzen? Ja, aber eben nicht gewaltsamen Widerstand, eben nicht mit „gleicher Münze“, denn, wenn ich Böses mit Bösem bekämpfe, holt es mich ein.
Die Beispiele im Text (zweite Meile, andere Wange) zeigen, was gemeint ist: Die erste Meile ist Zwang, Unterdrückung, die zweite Meile aber ist Geschenk: der Unterdrücker wird zu einem von mir Beschenkten. Wenn ein Rechtshänder mich auf die rechte Wange schlägt, geschieht es mit dem Handrücken, wie man eine Fliege verscheucht. Das Standhalten und Hinhalten der anderen Wange sagt ihm: Nimm mich erst einmal als Person wahr, wenn du meinst, mich schlagen zu müssen. Du und ich, wir haben viel gemeinsam: Wir sind Menschen. „Wir weigern uns, Feinde zu sein“, sagen Menschen in Palästina, die unter dem Druck der Besatzung leben müssen.
Im letzten Vers geht es um Moral und Gerechtigkeit, aber anders als erwartet: Gott lässt die Sonne aufgehen über Bösen und Guten und lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte. Er macht keinen Unterschied zwischen den Menschen, nicht einmal in moralischer Hinsicht. „Richtet nicht“, heißt es an anderer Stelle der Bergpredigt. Mehr noch: Nach Gottes Vorbild sollen wir unsere Feinde (die „Bösen“) lieben, d.h. akzeptieren, zu verstehen suchen, ihnen wohlwollen.
Der Friede Christi fängt in uns selbst an, in unseren Herzen, in unseren Familien und Nachbarschaften, in jeder Gemeinschaft, der wir angehören, bis hin zur Gemeinschaft aller Menschen, ja, aller Geschöpfe. Auch wenn die Entscheidung über Krieg und Frieden nicht bei uns liegt, sind unsere Gedanken dazu wichtig für den Frieden in der Welt. Als Christen haben wir kein Recht, Krieg zu unterstützen, selbst wenn er um die gerechteste Sache der Welt geführt würde. Wir sind aufgerufen zum bedingungslosen Einsatz für einen Frieden, der nicht auf Gewalt beruht. Amen.
(Der Text entstammt einer Friedensandacht in Augsburg vom 7.11.2022)